Katrin Jaquet

Konzept: neg

Katrin Jaquet beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit dem Medium Fotografie und seinen Funktionsweisen. Sie interessiert vor allem, wie technische und psychologische Aspekte der Fotografie ineinandergreifen. In der Serie „neg“ geht es um Familienfotos. Von einem sehr subjektiven Ansatz ausgehend, versucht sie sich Fragestellungen zu nähern, die über das Individuelle hinausgehen.

Nach dem Tod der Mutter vor einigen Jahren hat Jaquet die Familienalben und mehrere Kartons mit unsortierten Fotos übernommen. Diese Kartons, in denen Babybilder verschiedener Generationen, Schnappschüsse aus der Jugend ihrer Eltern, Studioaufnahmen der Urgroßeltern und auch Bilder des eigenen Sohnes wild gemischt liegen, faszinieren sie besonders, denn gerade dieses Durcheinander entspricht den Überlagerungen und Widersprüchlichkeiten ihrer Erinnerungen und Empfindungen. Bestimmte Muster und Motive kehren von Generation zu Generation wieder, Ähnlichkeiten in Gesichtern und Haltungen treten deutlich zutage. Anhand der Kleidung, der Einrichtung, aber auch der Fotopapiere, der Bildränder und Oberflächen lassen sich die Zeitpunkte der Aufnahmen erkennen.
Was fehlt, sind die Negative. Von den neueren Bildern ihrer eigenen Kleinfamilie gibt es gar keine Negative, nur noch Dateien. Die Fotografin interessiert die Idee des Negativs als Potenzial und stellt sie deshalb digital her. Sie überlagert sie mit Positiven, indem sie ähnliche Motive aus verschiedenen Generationen kombiniert. Dabei sucht sie den Punkt, wo sich Positiv und Negativ zu etwas Neuem verbinden, das ihrem inneren Bild entspricht. Letztlich erscheinen die Bilder nun weniger wie ihre persönliche Geschichte, sondern eher wie Röntgen-Aufnahmen einer durchschnittlichen westdeutschen Mittelstandsfamilie: Zuhause ist nicht nur Geborgenheit, Zuhause ist auch Unbehagen, Zuhause sind auch Spuren der deutschen Geschichte.

Werdegang

• freie Fotografin
• lebt in Berlin

Auszeichnungen

• 2021 Mitglied of Deutsche Fotografische Akademie
• 1999 NordWestLotto Kunstpreis
• 1999 Artist in Residence, Künstlerhaus Lauenburg